Mit einfachen Mitteln die Fantasie angeregt

Ried Echo vom 04.09.2018

Mit einfachen Mitteln die Fantasie angeregt – Von René Granacher

STOCKSTADT – Nur auf den ersten Blick ähnlich sind die Werke der beiden Darmstädter Künstler, die seit dem Wochenende ihre Werke im Hofgut Guntershausen auf dem Kühkopf ausstellen. Beide leben in oder bei Darmstadt und haben einen Hintergrund als Kunsterzieher, beide malen weitgehend abstrakt mit höchstens angedeuteten figürlichen Elementen. Dennoch haben die Bilder von Renate Reinhardt und Helmut Tischer in der Ausstellung „Farbe – frei in Raum und Zeit“ einen ganz unterschiedlichen Charakter.

So vermitteln Reinhardts Gemälde in Acryl fast immer einen Eindruck von Geschlossenheit und Konzentration auf ein Motiv, während Tischers Bilder eher zusammengesetzt wirken, manchmal wie collagiert. Besonders der Hintergrund ist aus Teilen aufgebaut, die keinem größeren Konzept zu folgen scheinen. Auch strahlen die meisten Bilder des Malers eine Buntheit aus, die im Nebeneinandersetzen reiner, leuchtender Farben gründet, oft Primärfarben und Grün. Reinhard arbeitet dagegen mit wechselnden Paletten und nutzt feine Schattierungen, um eine oft beeindruckende Gesamtwirkung zu erzielen.

Ihre Bilder legen dabei auch eher Assoziationen mit konkreten Motiven nahe, verfremdet durch wechselnde Farbstimmungen. Ragt beim elften der unbetitelten Werke nicht eine Felsnadel in den Dunst über einer Wasserfläche? Können die leuchtend aus Erdtönen emporspritzenden Farben im zweiten der Bilder nicht brodelnde Lava sein? Und beschwört die raffinierte Komposition des zwölften Bildes nicht drohende Wolkenberge über dem Meer herauf?

Nicht alle Werke sind gleich aussagekräftig, doch zuweilen gelingt es der Malerin, mit einfachen Mitteln die visuelle Fantasie des Betrachters zum Arbeiten zu bringen: Im fünften Bild etwa braucht es nur angedeutete weiße Strukturen im tiefen Blau und ein diffuses Licht in Türkis, um eine imaginäre Landschaft von mystischer Fremdheit ahnen zu lassen. Auf ganz andere Weise wirken Reinhardts große Formate: Das erste Bild mit einem Adler- oder Löwenkopf, der aus einem kunstvollen Gewirr von Rottönen ragt; das zehnte mit blau-orangen Wirbeln, die sich zu einem Tunnel formen.  

Das Ineinanderfließen von gegensätzlichen Farbflächen kennzeichnet demgegenüber die oft großformatigen Bilder Tischers. Mal fleckig und mal unscharf in der Wirkung, lassen die Farbhäufungen zahlreiche Interpretationen zu, bisweilen bis zur Beliebigkeit. Manchmal wird ein Konzept deutlich: Die „Dämmerstunde im Spätsommer“ beschränkt sich auf gedämpftere Farben, deren Verläufe an Batikbilder erinnern. „Tag im Vorfrühling“ lässt aus einer blau-weißen Fläche die Töne der wiedererwachenden Vegetationen hervorbrechen.

Acht kleinere Aquarelle Tischers sind tageweise um den Jahreswechsel 2010/11 entstanden und den entsprechenden „Rauhnächten“ zugeordnet. Dabei findet sich in meist einfachen Formen Symbolik wie weihnachtliches Leuchten, das Tor ins neue Jahr oder die Figuren der Heiligen Drei Könige.

Der Maler ist auch als Musikpädagoge tätig und zudem asiatischen Kulturtechniken zugetan, so Meditation und Qigong, japanischem Bogenschießen und der keramischen Technik Japans. Am 15. September und 13. Oktober (jeweils samstags) um 15 Uhr lädt Tischer zu kurzen Vorführungen von „Wildgans-Qigong“ in den Ausstellungsräumen ein.


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