Aus dem Stockstädter Museum – Der Tischfernsprecher W48

Da das Stockstädter Museum im ehemaligen Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen aufgrund der Corona – Pandemie derzeit leider bis auf weiteres geschlossen bleiben muss, möchten wir ihnen als Ausgleich hierfür auf diesem Wege einige unserer Exponate näherbringen.

Der Tischfernsprecher W48, der mittlerweile zu einem begehrten Sammelobjekt geworden ist.
Foto: Museum Stockstadt am Rhein

Der Tischfernsprecher W48

Im Ausstellungsraum des Stockstädter Museums, der sich mit der Geschichte des Hofgutes Guntershausen beschäftigt, findet man in einer Vitrine mit Gegenständen aus dem Büro der Gutsverwaltung einen alten schwarzen Fernsprechapparat mit einer Wählscheibe, der aus dem Jahre 1956 stammt. Mit einem solchen Fernsprecher dürften die meisten heute über 50-Jähringen unter uns ihre ersten Telefonate geführt haben.

Dieser Tischfernsprecher mit der Typenbezeichnung W48(für Wählfernsprecher 1948) war – nach dem von der Firma SABA nur kurz produzierten W46 – das zweite deutsche Nachkriegstelefon, das in den westlichen Besatzungszonen für die Deutsche Bundespost entwickelt und in sehr großen Stückzahlen gefertigt wurde. Prinzipiell ist der W48 lediglich eine Weiterentwicklung des W38 der Deutschen Reichspost, wie Museumsleiter Jörg Hartung mitteilt.

Bereits in den 1930er Jahren wurde das Unternehmen Siemens & Halske von der Deutschen Reichspost beauftragt, ein neues preisgünstig zu produzierendes Einheitstelefon zu entwickeln, welches das bisherige Standardmodell W28 ablösen sollte. So entstand der Urvater des W48, das sogenannte Modell 36, das 1936 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt wurde. Wegen technischer Unzulänglichkeiten wurde es jedoch nicht von der Reichspost eingeführt.

Erst das verbesserte Nachfolgemodell W38 von 1938 erhielt die Reichspostzulassung und wurde ab 1940 in großen Stückzahlen hergestellt, wobei etwa ab 1940 die Schalen des Weckers (der Klingel) aus Pressglas gefertigt wurden, um kriegswichtiges Metall zu sparen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der W38 zunächst in beiden Teilen Deutschlands weiter unverändert produziert; in Ostdeutschland wurden die Glasglocken beibehalten. In Westdeutschland erhielt der W38 dann einen leicht verbesserten Nachfolger, den W48, der sich vom W38 lediglich in der Form der Einsprache des Hörers unterschied. Ab ca. 1950 produzierten dann fast alle westdeutschen Telefonhersteller den W48 in Lizenz für die Deutsche Bundespost, die das Gerät nicht verkaufte, sondern den „Fernsprechteilnehmern“ nur gegen eine Miete zur Nutzung überließ. So wie das äußere Design blieb auch das technische Innenleben des W48 über die Jahre nahezu unverändert.

Schwarz war die Standardfarbe des W48, aber es gab ihn auch in der Farbe Elfenbein, einer Art Cremeweiß. Weil die Herstellung von elfenbeinfarbenem Duroplast aufwändiger und teurer war, galten die hellen Geräte als Statussymbol. Sie wurden von den Fernmeldeämtern der Bundespost nur gegen Aufpreis bereitgestellt und waren eher in begüterten Haushalten, Arztpraxen, Anwaltskanzleien oder Hotels zu finden. Unter der Bezeichnung W48 Wand wurde eine Wandausführung hergestellt, die es auch schon beim Vorgängermodell W38 gab.

Bis Anfang der 1970er Jahre blieb der W48 das schlichte, robuste und preiswerte Basistelefon der Deutschen Bundespost. Das absehbare Ende der W48-Ära wurde aber bereits 1963 eingeläutet, als die Bundespost den Fernsprech-Tischapparat 611 (FeTAp 611) einführte. Der W48 ist allerdings heute für viele Sammler und Liebhaber zum Klassiker unter den deutschen Fernsprechern und zum Inbegriff des „alten Telefons“ geworden, wie Jörg Hartung berichtet.


Mehr zum Museum Online finden Sie hier...