Mario Derras Auseinandersetzung mit dem Rhein

Artikel im Groß Gerauer Echo vom 22.08.2022

Das Hofgut Guntershausen zeigt bis zum 30. Oktober Werke des Gernsheimer Künstlers. Dabei sind die druckgrafischen Techniken sein Lebensthema.

von René Granacher

STOCKSTADT – Mario Derra als künstlerische Institution im Ried muss man nicht mehr vorstellen. Während sein Betätigungsfeld aber sehr breit und oft international angelegt ist, findet man im Hofgut Guntershausen nun bis zum 30. Oktober speziell Arbeiten, die sich mit der Region auseinandersetzen. Natur, Kultur und Geschichte am Rhein spiegeln sich in den Blättern, die eine Zeitspanne von 40 Jahren abdecken.

Das ist noch nicht einmal Derras ganze künstlerische Entwicklung, denn insgesamt kann er auf über 300 Ausstellungen in 50 Jahren zurückblicken, nicht nur in Deutschland. Aber schon in vier Jahrzehnten verändert sich viel: Die Darstellung von Weiden auf der ältesten gezeigten Radierung von 1983 wirkt noch einfach und im Vergleich zu aktuellen Bildern, aus denen Können und Erfahrung eines Meisters seines Fachs sprechen.

In gewisser Weise sind Kopfweiden als typische Kulturbäume der Auenlandschaft eine Klammer über der Werkschau, doch die motivische Breite geht weit darüber hinaus. Schon aus dem Pflanzenreich sieht man neben oft bizarren Bäumen auch lithografierte Sonnenblumen, deren lebensvoller Verfall an Werke van Goghs denken lässt. Der Holzschnitt „Rheineis 1929“ spielt dreifarbig mit der Sonnenspiegelung auf einer gefrorenen Fläche.

Holzschnitt, Radierung, Lithografie: Derra gab in seiner Einführung auch einen Überblick der verschiedenen Verfahren und ihrer Unterschiede. Er kennt die Varianten der Druckgrafik eingehend nicht nur aus eigener langer Tätigkeit, sondern hat auch zu ihrer Geschichte geforscht. So kann er viel erzählen und hat auf jede Frage eine interessante Antwort parat.

Die Beschäftigung mit Peter Schöffer ergab sich fast zwangsläufig. Das wenige, was man über das Leben des Gernsheimer Druckpioniers tatsächlich weiß, hat er mit fiktiven Szenen angereichert zu einer Serie von Holzschnitten, von denen einer auch im Hofgut zu sehen ist. Vertreten ist mit dem Wasserbauer Claus Kröncke auch eine weitere wichtige Person aus der regionalen Geschichte.

Eine Serie von sechs Farbholzschnitten zeigt Technisches: Eindrücke aus einem Trichterwerk des Fretterschen Kieswerks am Altrhein, das schon vor 20 Jahren abgerissen wurde. Gleich daneben geht es in die Welt der Sagen: Siegfried und Kriemhild auf je einem mannshohen Unikat-Holzschnitt, auf braunem Untergrund verbunden mit Symbolhaftem wie der Nibelungenhandschrift und dem Wormser Dom.

Noch mehrfach taucht diese Sage in der Ausstellung auf, nicht zuletzt auch im einzigen ausgestellten Bronzeguss „Hagen am schwarzen Ort“, der die Versenkung des Nibelungenschatzes bei Biebesheim verortet. Dass Derra auch im Bereich der Plastik arbeitet, ist vielen auch durch seine Arbeiten im öffentlichen Raum Groß-Geraus bekannt. Mit Malerei bringt man ihn kaum in Verbindung, obwohl er auch diesem Gebiet viel vorzuweisen hat.

Sein Lebensthema bleiben aber doch die druckgrafischen Techniken, und da schafft er Beeindruckendes. In der Kombination mehrerer Farben, jede separat gedruckt, entstehen Werke von großer Tiefe und starkem Ausdruck. Teilweise sind im Hofgut mehrere Farbvarianten des gleichen Motivs ausgestellt, von denen im Zusammenspiel und Kontrast der Nuancen jede ihre eigene Stimmung und ihr eigenes Leben entwickelt. Zu Recht betont Derra: „Druckgrafiken sind keine Reproduktionen, sondern jedes Blatt ist ein Einzelstück.“

Foto: Robert Heiler