Aus dem Stockstädter Museum – Die Eismaschine

Im vergangenen Sommer haben sich sicher viele Menschen eine Eismaschine gewünscht, die im Handumdrehen leckeres Speiseeis zaubert. Bei der Eismaschine im Stockstädter Museum, die aus den 1930er Jahren stammt, wären sie vor dem Eisgenuss allerdings mächtig ins Schwitzen gekommen. Es braucht nämlich etliche Kurbelumdrehungen bis man mit einem Eis belohnt wird.

Heute gehört ein Kühlschrank zur Grundausstattung einer Wohnung. Die künstliche Kälte hat aber in vielen Regionen erst nach dem Zweiten Weltkrieg flächendeckend Einzug gehalten. Gewölbekeller und kühle Speisekammern sorgten vorher dafür, dass Lebensmittel auch im Sommer länger frisch blieben. Wenn dabei Eis zum Einsatz kam, handelte es sich um Natureis, das im Winter auf stehenden Gewässern geerntet und in Eiskellern aufbewahrt wurde. Dieses Eis kam in Stangen oder Blöcken in den Handel und war auch für unsere Eismaschine unentbehrlich, wie Museumsleiter Jörg Hartung weiß.

Maschine zur Herstellung von Speiseeis, um 1930. Foto: Martin Rödl

Die Eismaschine im Stockstädter Museum besteht aus einem Kübel aus Kiefernholz mit genuteten und gespundeten Dauben. Eine Büchse aus verzinntem Eisenblech mit einem Rührwerk sitzt in einigem Abstand in der Mitte auf einem Zapfen. In den Zwischenraum zwischen Kübel und Büchse füllte man abwechselnd kleingehacktes Eis und Viehsalz. Mit den Kurbelbewegungen drehen sich Büchse und Rührwerk über ein Kegelradgetriebe in entgegengesetzter Richtung. Eis und Salz lösen sich langsam auf und entziehen dabei dem Inhalt der Metallbüchse Wärme, so dass er gefriert. Dann kann die Büchse herausgenommen und der Inhalt gestürzt werden.

Auf der Maschine befindet sich der Herstellername „Alexanderwerk“. Namensgebend war Alexander von der Nahmer, der 1885 in Remscheid eine Eisengießerei gegründet hatte. Seit den 1930er Jahren kamen neben Küchengeräten auch Maschinen für die chemische und pharmazeutische Industrie hinzu. In diesem Bereich ist das Unternehmen bis heute tätig. Noch immer verbindet sich der Name „Alexanderwerk“ aber mit den unverwüstlichen Küchengeräten aus Omas Tagen.

Die alte Eismaschine befindet sich schon seit den 1980er Jahren im Stockstädter Museum und wurde kürzlich von Museumsmitarbeiter Martin Rödl restauriert.


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Aus dem Stockstädter Museum – Der Leiterwagen / „Bollerwagen“

Im Bestand des Stockstädter Museums im ehemaligen Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen befindet sich ein alter Leiterwagen, der wohl um 1930 gefertigt wurde und von sehr hoher handwerklicher Qualität ist. Dieses vollständig erhaltene hölzerne Wägelchen wurde kürzlich durch den Museumsmitarbeiter Martin Rödl sehr sorgfältig restauriert.

Scherzhaft nannte man diese Wägelchen auch „Bollerwagen“. Eine Bezeichnung, die wohl vom „bollernden“, polternden Geräusch stammt, das früher mit den Eisen bereiften Holzrädern eines solchen Gefährts auf dem Kopfsteinpflaster entstand.

Im kleinbäuerlichen Haushalt fanden Bollerwagen für jegliche Transporte und im Besonderen bei der Feldarbeit Verwendung. In der „schlechten Zeit“ ging man damit auch zum „stoppeln“. So nannte man es, wenn die ärmeren Leute die nach der Ernte übrig gebliebenen Feldfrüchte aufsammeln durften.

Leiterwagen sind auch auf vielen Fotos aus der Zeit von Flucht und Vertreibung nach dem II Weltkrieg zu sehen. Beladen mit allem, was die Menschen noch besaßen. In der nachfolgenden Zeit des Schwarzhandels und der lebensnotwendigen Hamsterfahrten war der Bollerwagen ein wichtiges Transportmittel.

Das Exemplar im Stockstädter Museum auf dem Kühkopf wird nun nach der Restaurierung von Museumsmitarbeiter Walter Mück nach den Richtlinien des Hessischen Museumsverbandes inventarisiert. Das heißt: genau vermessen, fotografiert, mit einer Inventarnummer versehen und in eine Datenbank eingegeben. Da die Ausstellungsfläche im Museum allerdings begrenzt ist, wird der Wagen zunächst im Depot untergebracht.

Foto: Martin Rödl

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Vorstandswahl beim Förderverein Hofgut Guntershausen e.V.

Am Mittwoch dem 16.09.2020 fand die Jahreshauptversammlung des Fördervereins Hofgut Guntershausen e.V. statt. Die Jahresberichte der geschäftsführenden Vorstandsmitglieder zu Beginn der Versammlung machten deutlich, dass sich das Engagement im Förderverein und auf dem Hofgut lohnt. Die turnusgemäße Neuwahl des Vorstands bildete den wichtigsten Tagesordnungspunkt, bei dem das bewährte Vorstandsteam unter der Führung von Volker Blum im Amt bestätigt wurde.

Nach durchweg einstimmiger Wahl setzt sich der Vereinsvorstand wie folgt zusammen:
1. Vorsitzender Volker Blum
2. Vorsitzender Reiner Kiesel
Geschäftsführer Jörg Hartung
Schriftführer Gerfried Schmidt
Rechnerin Heike Hartung

Als Beisitzer wurden folgende Mitglieder gewählt:
Ralph Baumgärtel
Thomas Raschel
Claudia Blum
Albrecht Ecker
Walter Mück
Martin Rödl
Ulrich Zacheiß

Als Kassenprüfer wurden Karl Bäder, Monika Seib und Gert Gewalt gewählt.

Groß Gerauer Echo vom 2.9.2020 „Erst Fotos, dann Gemälde“

Der Darmstädter Maler Volker Lehn stellt seine Kühkopf-Aquarelle im Hofgut Guntershausen aus.

Von René Granacher

STOCKSTADT – Wer pensioniert ist, hat mehr Zeit: Zum Malen, zum Fotografieren, zum Spazierengehen mit dem Hund. Volker Lehn aus Darmstadt hat die drei Hobbys verbunden, indem er beim Spaziergang auf dem Kühkopf Naturmotive fotografiert und sie anschließend zu Aquarellbildern verarbeitet. Gemälde nach Fotos, das könnte langweilig aussehen – tut es in diesem Fall aber nicht. Wie seit dem Wochenende im Hofgut Guntershausen zu sehen ist, verleiht Lehn seinen Bildern ein ganz eigenes Leben.

Sind die 2017 und 2018 entstandenen Werke noch recht konventionell, so hat sich der Maler seit dem letzten Jahr mehr von der Vorlage gelöst. Er reichert die Bilder nun mit Farben und Strukturen an, die in der Natur so nicht zu sehen waren, den Motiven aber eine zusätzliche Dimension verleihen. Das können ornamentale Elemente sein wie bei der „Fantasieweide“, Farbreflexe, oft organische Oberflächen, die etwa Bäumen zu einer neuen Art von Lebendigkeit verhelfen.

Wenn auf dem „Apfellehrpfad“ dann Apfelbäume im Gegenlicht stehen, könnten es ebenso gut fremde Lebensformen sein, die ihre Tentakel ausstrecken; der Baum in „Weide und Schute“ scheint unter seiner fleckigen Haut jeden Moment die Muskeln anspannen und loskriechen zu wollen. In „Allee der starken Bäume“ bekommt die bekannte Kastanienallee durch eine wirkungsvolle Farbzusammenstellung eine besondere Räumlichkeit.

Funktionieren kann dies alles nur, weil Lehn über ein gutes Gespür für Farben und Formen verfügt, das Licht geschickt zu setzen weiß. So bleiben seine wie bei den „Blauen Kopfweiden“ zuweilen ins Expressionistische weisenden Bilder trotz der Verfremdungen glaubhaft und „echt“, ergeben sich stimmige Kompositionen und Stimmungen. Viele Bilder wirken am besten mit einem gewissen Abstand: Dann ergibt sich wie beim „Blick zum Altrhein“ ein fast fotorealistischer Eindruck aus leicht verschwommenem Hintergrund und detailreichem Hauptmotiv.

Der Einfall, die Natur des Kühkopfs als Motiv zu wählen, kam ihm in einer Ausstellung in Seeheim, berichtet Lehn. Dort war ein Bild des Malers Bruno Müller-Linow vertreten, das eine Kühkopf-Ansicht darstellt. Seitdem geht der ehemalige Verwaltungswirt und Lehrer hier spazieren und fotografieren, gemalt wird aber erst zuhause: Im Atelier ist es einfacher als „plein air“.

Für den Förderverein des Hofguts führte Claudia Blum-Borell in die Ausstellung ein. Sie hob hervor, dass viele markante Bäume und Orte auf den Bildern wiederzuerkennen sind, wenn man mit dem Kühkopf vertraut ist: „Das gibt es wirklich, das sind keine fiktiven Bäume.“ Da die Galerie im Verwalterhaus Corona-bedingt einige Monate geschlossen war, begann Lehns sehenswerte Ausstellung später als ursprünglich geplant und wird für dieses Jahr auch schon die letzte an diesem Ort sein.

Das Verwalterhaus auf dem Kühkopf ist an jedem Wochenende von 13 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.


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„Kühkopf – Aquarelle“ – Neue Kunstausstellung im Hofgut Guntershausen

„Kühkopf – Aquarelle“ so heißt die neue Ausstellung in der Galerie im ehemaligen Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen/Kühkopf, 64589 Stockstadt am Rhein. Vom 29. August bis zum 1. November 2020 zeigt der Förderverein Hofgut Guntershausen e.V. rund vierzig Aquarelle von Volker Lehn. Die Motive der Bilder stammen aus dem Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue: alte Weiden, Eichen und Obstbäume, der Apfellehrpfad, Ausblicke auf den Altrheinarm, Wege und Gebäude auf der Rheininsel.

Aquarell von Volker Lehn

Volker Lehn ist 1953 in Darmstadt geboren. Dort machte er an der Georg-Büchner-Schule Abitur. Nach dem Studium arbeitete er beim Regierungspräsidium in Darmstadt als Diplomverwaltungswirt und an der Erich-Kästner-Schule in Wiesbaden als Lehrer. 2016 ging er in Pension und hat jetzt viel mehr Zeit für seine Hobbys: Mit dem Hund spazieren gehen, fotografieren und malen. Irgendwie hängen diese Freizeitaktivitäten zusammen, denn die Fotos, die auf den Spaziergängen entstehen, sind die Vorlagen für die Aquarelle.

Zwar gibt das Foto die Richtung vor, aber im Malkeller übernimmt bald die Fantasie die Regie und bestimmt die Farbgestaltung und die Stimmung. Farbspritzer verfremden und beleben das Motiv. Hinter Glas entfaltet das Aquarell dann seine ganze Leuchtkraft.

Das Startzeichen für diese Bilderreihe war ein Aquarell von Prof. Müller-Linow. Es heißt: Am Kühkopf. „Ich suchte seinen Standort am Altrhein und fand wunderbare Fotomotive, die zu Aquarellen wurden. Und irgendwann war der Mut da, diese Bilder zu zeigen. Und wo sollten Kühkopfbilder zu sehen sein, wenn nicht auf dem Kühkopf.“ Die Ausstellung ist samstags, sonntags und an Feiertagen jeweils von 13 bis 17 Uhr bei freiem Eintritt zu besichtigen, wobei Spenden zu Gunsten des Fördervereins erbeten sind.


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Die Broschüre zur Ausstellung finden Sie hier…

Förderverein Kühkopf-Fähre zu Gast auf dem Hofgut

Was ein Sonntag ! Bei sonnigen Stunden verbrachten die Gäste der Führung auf dem Kühkopf am 12.07.2020 den Vormittag.

Jörg Hartung, in Personalunion Vorstand des Förderverein Kühkopf-Fähre und dem des Hofgutes Guntershausen, hatte eine wunderbare Führung mit geschichtlichem Hintergrund über die Zeit vom 30-jährigen Krieg mit den schwedischen Eroberern über die Zeit der Jahrhundertwende mit dem Zarenbesuch bis zur Neuzeit der Rettung des Hofgutes zum heimatkundlichen Museum ausgearbeitet.

Da wir in diesem Jahr leider keine Fähr-Aktions-Tage anbieten können, haben wir uns sehr über das rege Interesse der Besucher an diesem Tag gefreut.

Bleiben Sie uns weiter treu und begleiten Sie uns auf dem Weg zur Anschaffung einer Elektrofähre, schafft sie zum gegebenen Zeitpunkt doch die Verbindung der Kulturlandschaften des Altrheins und Insel Kühkopf.

Freuen wir uns auf dieses Eldorado in Einklang mit Mensch und Natur – im Naturschutzgebiet und dem Umweltbildungszentrum Kühkopf-Knoblochsaue.

Ihr Vorstand vom Förderverein Kühkopf-Fähre – www.kuehkopf-faehre.de

Aus dem Stockstädter Museum – Der Löffel aus Trümmerresten des Zeppelins LZ 4

Ein gesonderter Raum im Stockstädter Museum zeigt eine von Jörg Hartung zusammengestellte Dauerausstellung, die sich mit der Zeppelinlandung auf dem Rhein beschäftigt. Dort wird ein Aluminiumlöffel gezeigt, hinter dem sich eine interessante Geschichte verbirgt.

Infolge eines Motorschadens musste das Luftschiff LZ 4 am 4. August 1908 auf dem Rhein bei Kornsand notlanden. Der Zeppelin war auf einer von großem Medienrummel begleiteten Erprobungsfahrt entlang des Rheins vom Bodensee nach Mainz unterwegs. Graf Zeppelin, ein damals bereits 70-jähriger Kavalleriegeneral, musste dem Reichskriegsministerium die militärische Einsatzfähigkeit des von ihm erfundenen Starrluftschiffes demonstrieren. Am Rheinufer festgemacht, unweit der Niersteiner Fähre, war der 136 Meter lange Koloss schnell von nahezu 10.000 Schaulustigen umringt. Nachdem der Motor schließlich repariert werden konnte, stieg das Luftschiff wieder auf, erreichte Mainz und machte sich auf den Rückweg an den Bodensee.

Nach einem weiteren Motorschaden musste der Zeppelin erneut, diesmal in Echterdingen, bei Stuttgart landen. Am Nachmittag des 5 August 1908 riss dann dort ein Windstoß das Schiff aus der unzureichend gemachten Verankerung. Nach einer Bodenberührung explodierte der mit fünfzehntausend Kubikmeter Wasserstoff gefüllte Zeppelin vor den Augen einer fassungslosen Menschenmenge. Für den Erbauer des Luftschiffs, Ferdinand Graf von Zeppelin (1838-1917), bedeutete das Unglück den finanziellen Ruin. Spontan wurde noch vor Ort zu Geldspenden aufgerufen, die dem Grafen helfen sollten ein neues Luftschiff zu bauen. Am Ende summierte sich die Volksspende für den Nationalen Luftschiffbau-Fond auf über 6 Millionen Mark. Und so kam es, dass Graf Zeppelin mit dem Verlust seines Luftschiffes zugleich aller finanziellen Sorgen enthoben wurde und weitere Luftschiffe konstruieren konnte.

Der aus den Trümmerresten des LZ 4 gegossene Aluminiumlöffel mit der dazugehörigen Urkunde.
Foto: Museum Stockstadt am Rhein

Aus den Überresten des zerstörten Schiffsrumpfes entstanden im Verlauf der Volksspendenaktion zahllose Zeppelindevotionalien, die die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung nochmals befeuerten. Einige hiervon werden in der Dauerausstellung im Stockstädter Museum gezeigt. Insbesondere die Aluminiumreste des Zeppelingerippes wurden von der Firma Carl Berg in Lüdenscheid eingeschmolzen und zu Löffeln und Ziergegenständen verarbeitet.

Der Aluminiumlöffel im Stockstädter Museum hat eine Länge von 22 cm und ist 4,5 cm breit. Neben der Abbildung des Luftschiffs befinden sich noch folgende Prägungen auf dem Löffelstiel: „Graf Zeppelin zum Andenken an den 5. August 1908. Gegossen aus den Resten des Zeppelin-Luftschiffs.“

Außerdem wird noch die zum Löffel gehörige Urkunde der Firma Berg gezeigt, die seine Echtheit dokumentiert. Da diese Urkunden aus sehr dünnem Papier gefertigt wurden, sind diese heute extrem selten geworden, wie Museumsleiter Jörg Hartung berichtet.


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Stockstädter Museum und Kunstgalerie im Hofgut wieder geöffnet

Das Museum Stockstadt am Rhein mit der Kunstgalerie im ehemaligen Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen/Kühkopf ist ab sofort wieder für den Besucherverkehr geöffnet und kann wie bisher samstags,  sonntags und an Feiertagen jeweils von 13 – 17 Uhr besichtigt werden. Wie überall gelten selbstverständlich auch dort die Verhaltensregeln im Zusammenhang mit der Eindämmung des Coronavirus.

Die derzeitige Kunstausstellung „Natürlich Kunst“ des Künstlerkreises Nierstein wurde bis zum 23. August 2020 verlängert.

Aus dem Stockstädter Museum – Die Bootshaken oder „Schallhooge“

Betrachtet man das Wappen der Gemeinde Stockstadt am Rhein, so fallen die beiden Stangen mit einer Spitze und einem Widerhaken auf. Es handelt sich hierbei um die Darstellung von Bootshaken, Fischerhaken oder Flößerhaken.Ein ähnliches Aussehen haben auch die sogenannten Brand- oder Reißhaken. Diese sind im Allgemeinen aber größer als die Bootshaken bzw. Schiffshaken.

Man nutzte die Bootshaken hauptsächlich, um Gegenstände oder Personen aus dem Wasser zu fischen oder sich an andere Boote oder den Anleger heranzuziehen. Mit der Spitze konnte man sich vom Anleger bzw. Ufer abdrücken und die Fischer zogen damit auch ihre Netze heran. Bekanntlich hatte Stockstadt bis zum Rheindurchstich 1828/29 den für unsere Region bedeutendsten Rheinhafen, wo unter anderem Floßholz angeliefert wurde, das als Baumaterial diente. In diesem Bereich fanden die Haken auch bei uns ihre Anwendung, wie Museumsleiter Jörg Hartung erläutert. Der Bootshaken diente zum Manipulieren der schwimmenden Stämme, zum Floßbau, Steuern des Floßes, sowie zum Schieben, Drehen, Wenden, Rollen und Heben der Stämme. Außerdem diente er auch dem Balancehalten beim Gehen auf den Flößen. Die Darstellung dieser Haken im Stockstädter Wappen deutet auf ein Leben direkt am und mit dem Rheinstrom hin. Sie sind das Symbol für die Fischerei und die Schifffahrt, die über Jahrhunderte den Lebensunterhalt vieler Stockstädter sicherte. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass sich im Depot des Stockstädter Museums eine Vielzahl solcher Bootshaken in verschiedenen Formen und Größen befinden.

Wie Jörg Hartung weiß, bezeichnen die alten Stockstädter diese Haken noch als „Schallhooge“. Es stellt sich nun die Frage wie es in unserem Dialekt zu dieser Bezeichnung kommt? Die hochdeutsche Form des Stockstädter Wortes ist „Schalthaken“. Das Südhessische Wörterbuch kennt „Schallhooge“ beispielsweise aus Groß-Rohrheim und Biblis, aber nur als Gerät der Feuerwehr. Bei uns in Stockstadt hat sich aber noch die ursprüngliche, alte Bedeutung erhalten. „Schalte“ hieß im Mittelalter die Stange, mit der man das Schiff vom Ufer abstieß. Davon kommt „schalten“, ein Boot mit der Stange bewegen, dann mit etwas umgehen, herrschen, einen Schalter bedienen. 1423 ist im Lorscher Wildbannsweistum eine „Schalde“ erwähnt, das war wohl ein Boot, das mit einer Stange fortbewegt wurde.


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Aus dem Stockstädter Museum – Der Tischfernsprecher W48

Da das Stockstädter Museum im ehemaligen Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen aufgrund der Corona – Pandemie derzeit leider bis auf weiteres geschlossen bleiben muss, möchten wir ihnen als Ausgleich hierfür auf diesem Wege einige unserer Exponate näherbringen.

Der Tischfernsprecher W48, der mittlerweile zu einem begehrten Sammelobjekt geworden ist.
Foto: Museum Stockstadt am Rhein

Der Tischfernsprecher W48

Im Ausstellungsraum des Stockstädter Museums, der sich mit der Geschichte des Hofgutes Guntershausen beschäftigt, findet man in einer Vitrine mit Gegenständen aus dem Büro der Gutsverwaltung einen alten schwarzen Fernsprechapparat mit einer Wählscheibe, der aus dem Jahre 1956 stammt. Mit einem solchen Fernsprecher dürften die meisten heute über 50-Jähringen unter uns ihre ersten Telefonate geführt haben.

Dieser Tischfernsprecher mit der Typenbezeichnung W48(für Wählfernsprecher 1948) war – nach dem von der Firma SABA nur kurz produzierten W46 – das zweite deutsche Nachkriegstelefon, das in den westlichen Besatzungszonen für die Deutsche Bundespost entwickelt und in sehr großen Stückzahlen gefertigt wurde. Prinzipiell ist der W48 lediglich eine Weiterentwicklung des W38 der Deutschen Reichspost, wie Museumsleiter Jörg Hartung mitteilt.

Bereits in den 1930er Jahren wurde das Unternehmen Siemens & Halske von der Deutschen Reichspost beauftragt, ein neues preisgünstig zu produzierendes Einheitstelefon zu entwickeln, welches das bisherige Standardmodell W28 ablösen sollte. So entstand der Urvater des W48, das sogenannte Modell 36, das 1936 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorgestellt wurde. Wegen technischer Unzulänglichkeiten wurde es jedoch nicht von der Reichspost eingeführt.

Erst das verbesserte Nachfolgemodell W38 von 1938 erhielt die Reichspostzulassung und wurde ab 1940 in großen Stückzahlen hergestellt, wobei etwa ab 1940 die Schalen des Weckers (der Klingel) aus Pressglas gefertigt wurden, um kriegswichtiges Metall zu sparen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der W38 zunächst in beiden Teilen Deutschlands weiter unverändert produziert; in Ostdeutschland wurden die Glasglocken beibehalten. In Westdeutschland erhielt der W38 dann einen leicht verbesserten Nachfolger, den W48, der sich vom W38 lediglich in der Form der Einsprache des Hörers unterschied. Ab ca. 1950 produzierten dann fast alle westdeutschen Telefonhersteller den W48 in Lizenz für die Deutsche Bundespost, die das Gerät nicht verkaufte, sondern den „Fernsprechteilnehmern“ nur gegen eine Miete zur Nutzung überließ. So wie das äußere Design blieb auch das technische Innenleben des W48 über die Jahre nahezu unverändert.

Schwarz war die Standardfarbe des W48, aber es gab ihn auch in der Farbe Elfenbein, einer Art Cremeweiß. Weil die Herstellung von elfenbeinfarbenem Duroplast aufwändiger und teurer war, galten die hellen Geräte als Statussymbol. Sie wurden von den Fernmeldeämtern der Bundespost nur gegen Aufpreis bereitgestellt und waren eher in begüterten Haushalten, Arztpraxen, Anwaltskanzleien oder Hotels zu finden. Unter der Bezeichnung W48 Wand wurde eine Wandausführung hergestellt, die es auch schon beim Vorgängermodell W38 gab.

Bis Anfang der 1970er Jahre blieb der W48 das schlichte, robuste und preiswerte Basistelefon der Deutschen Bundespost. Das absehbare Ende der W48-Ära wurde aber bereits 1963 eingeläutet, als die Bundespost den Fernsprech-Tischapparat 611 (FeTAp 611) einführte. Der W48 ist allerdings heute für viele Sammler und Liebhaber zum Klassiker unter den deutschen Fernsprechern und zum Inbegriff des „alten Telefons“ geworden, wie Jörg Hartung berichtet.


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