Aus dem Stockstädter Museum – Erinnerungen an die Stockstädter Badeanstalt von 1927

Die Deutsche Turngemeinde Stockstadt e. V. wagte sich in den 1920er Jahre an das Vorhaben eine Badeanstalt im Stockstädter Altrhein zu errichten. Nach zahlreichen Verhandlungen konnte das Projekt zur Baureife gebracht werden. Die Arbeiten führten einheimische Unternehmen aus, die Einweihung fand  am 9.7.1927 statt. Das „schwimmende Schwimmbad“ lag ca. 50 m vor der Modau Mündung am Ufer vertäut – vor dem Parkplatz an der Altrheinbrücke – und war über einen Laufsteg zu erreichen. Auf 16 eisernen Schwimmkörpern ruhte der 26 m lange und 10,40 m breite hufeisenförmige Viereckbau aus Holz, der zur Stirnseite hin mit einem 4 m hohen Sonnendeckteil abgeschlossen war. In ihm waren Umkleidekabinen sowie 3 Räume für Bademeister- und Kasse untergebracht.

Aufnahme vom Inneren der Badeanstalt um 1930

Der Innenraum beherbergte das 120 qm große Badebassin mit einer Länge von 20 m und einer Breite von 6 m. Es war in 2 Längshälften aufgeteilt, einen 7 m langen Nichtschwimmer- und einen 13 m langen Schwimmerbereich. Um den Bassinrand verlief ein 52 m langer und 1,30 m breiter Badesteg, der zur einen Seite eine 20 m lange Sitzbank aufwies. Als Extras waren 2 separate Einzelbäder eingebaut. Das 3,10 m hoch liegende Sonnendeck diente als Liegeplatz, außerdem befand sich dort ein Sprungbrett zur Rheinseite hin.

Die Betriebsdauer der Badeanstalt war mit ca. 15 Jahren relativ kurz und die Einrichtung blieb ein Zuschussbetrieb. Das zu weiche Fichtenholz, aus dem sie gefertigt war, hielt dem schädigenden Einfluss des Wassers nicht stand. Instandhaltungsarbeiten mehrten sich und trieben die Nebenkosten in die Höhe. Die Einnahmen von rund 600 RM reichten nicht aus die jährlichen Kosten zu decken. Der Verein stellte daher 1935 den Antrag an die Gemeinde Stockstadt, die Badeanstalt samt Restschulden zu übernehmen. 1937 kam schließlich ein Vertrag zur Übernahme der Verpflichtungen auf die Gemeinde zustande.

In der Not der Nachkriegstage wurde die Badeanstalt geschlossen und verrottete. Man begann sie nach und nach abzutragen, bis der Rest der Anlage Anfang der 50er Jahre an die „Gipsmühle“ geschleppt und völlig demontiert wurde.

Im Museum der Gemeinde Stockstadt am Rhein, im Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen, wird ein von Jörg Hartung gefertigtes Modell als Erinnerung an die frühere Stockstädter Badeanstalt aufbewahrt.

Das Modell der Stockstädter Badeanstalt im Museum

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Verwalterhaus auf dem Hofgut Guntershausen bleibt vorerst geschlossen

Der Monat März, ab dem üblicherweise das Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen mit dem Stockstädter Museum und der Kunstgalerie an den Wochenenden für Besucher geöffnet wird, rückt immer näher. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie und laufender Renovierungsarbeiten wird das Haus in diesem Jahr allerdings in den Monaten März und April 2021 vorerst noch geschlossen bleiben.

Der Förderverein Hofgut Guntershausen e. V. verweist in diesem Zusammenhang auf seine Angebote im Internet (Website www.hofgut-guntershausen.de und auf Facebook). Neben aktuellen Informationen zum Hofgut werden dort unter dem Projekt „Museum Online“ in lockerer Reihenfolge jeweils einzelne Exponate aus dem Bestand des Museums der Gemeinde Stockstadt am Rhein vorgestellt.

Merian Podcast – Reisen beginnt im Kopf

In einer neuen Podcast-Reihe erkundet das Merian Team Darmstadt mit seiner berühmten Mathildenhöhe, die Fachwerkstadt Groß-Gerau, das Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue (mit dem Hofgut Guntershausen) und Rüsselsheim mit seiner spannenden Industriegeschichte und großer Kunst. 

Hören Sie selbst:

In dieser Folge ist der Autor Nils Minkmar zu Gast bei den Podcasterinnen Tinka Dippel und Silvia Tyburski. Nils ist in der Nähe von Saarbrücken aufgewachsen und erzählt den beiden, was das Bundesland an der Grenze zu Frankreich und Luxemburg so besonders macht: neben Genussfreude und Gemeinschaftssinn auch eine gesunde Portion Pragmatismus. Und natürlich seine Landschaft und Kultur: von der Saarschleife bis zur Völklinger Hütte – ein ehemaliges Stahlwerk, das heute für Ausstellungen und vieles mehr genutzt wird. Neben vielen Tipps fürs Sightseeing und Übernachten erfahrt ihr, wo es die beste Wurst Saarbrückens gibt und Wein, dessen Reben in drei Ländern wachsen.
  1. Saarland
  2. Manchester
  3. Slowenien
  4. Philadelphia
  5. Nordaustralien, Folge 2

Das Hofgut Guntershausen als Drehort

Historischer Kurzfilm – Ein Schattenspiel um den Tod

Kürzlich diente der alte Gewölbekeller unter dem Südflügel des Hofutes Guntershausen auf dem Kühkopf als Filmkulisse für den historischen Kurzfilm „Ein Schattenspiel um den Tod“, der als Prüfungsarbeit für das „Digital Film Production Diploma“ an der SAE (School of Audio Engineering) in Frankfurt am Main gedreht wurde. Die besondere Location auf dem Kühkopf wurde von Herrn Jan Folger im Rahmen seines Studiums der Filmproduktion als Drehort ausgewählt. In seiner Arbeit geht es darum, dass ein Film aus der Vergangenheit als Vorlage genommen wird, aus der wiederum ein eigener Film erschaffen wird, der visuell und technisch an die Vorlage angepasst ist.

Szenenfoto aus dem Kurzfilm „Ein Schattenspiel um den Tod“ (Foto: Jan Folger)

Die Vorlage für „Ein Schattenspiel um den Tod“ ist „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ vom Regisseur Friedrich Wilhelm Murnau, aus dem Jahre 1922. Hierbei werden von Jan Folger und seinem Team die visuellen Merkmale des historischen Films (z.B. Schwarz-Weiß-Film, 4:3 Format, das Arbeiten mit Schatten) auf das neue Werk angewendet bzw. kopiert.

Jan Folgers Werk handelt von der Protagonistin Theresa Donner, die von einem Schattenmonster namens Umbra heimgesucht wird. Das Monster hat schon die gesamte Nachbarschaft auf dem Gewissen. Die entscheidende Frage ist also: Wird auch Theresa sterben?

Für die Dreharbeiten suchte sich das Team sowohl das Scharfrichterhaus in Groß-Gerau, als auch das Hofgut Guntershausen auf dem Kühkopf aus. Der Förderverein Hofgut Guntershausen e. V. freut sich darüber, dass das Hofgut als Drehort für diese Arbeit gewählt wurde und wünscht Herrn Folger viel Erfolg für den Film und sein Studium.

Aus dem Stockstädter Museum – Das Ziffernblatt der Kirchturmuhr

Im Museum der Gemeinde Stockstadt am Rhein, im Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen, befindet sich eines von vier Ziffernblättern von der Turmuhr der Evangelischen Kirche in Stockstadt am Rhein. Das 135 mal 135 cm große Ziffernblatt aus Eisenblech gehört bereits seit 1984 zum Museumsbestand. Es ist mit schwarzer Farbe grundiert, auf der kreisförmig und in goldener Farbe römische Ziffern aufgetragen sind. Vergoldet sind auch die beiden Zeiger der Uhr.

Die Stockstädter Kirche wurde bekanntlich in den Jahren 1607/08 erbaut, so alt ist das hier vorhandene Ziffernblatt allerdings nicht. Da der Kirchturm am 04. April 1704 von einem Blitz getroffen wurde und völlig abbrannte, aber bereits ein Jahr später wieder neu aufgebaut werden konnte, sind auch die Ziffernblätter der Uhr erst nach der Fertigstellung des neuen Kirchturms zu datieren. Im Zuge der grundlegenden Kirchenrenovierung im Jahre 1974 wurden die quadratischen Ziffernblätter schließlich durch neue ersetzt, die nun rund und in blauer Farbe grundiert sind.

Museumsleiter Jörg Hartung zeigt das alte Ziffernblatt der Stockstädter Kirchturmuhr (Foto: Museum)

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Aus dem Stockstädter Museum – Das alte Stockstädter Rathaus von 1537

Dass wir heute eine Vorstellung über das ursprüngliche Aussehen des historischen Stockstädter Rathauses von 1537 haben, verdanken wir dem früheren Pfarrer Heinrich Wagner, der bei Umbauarbeiten im Jahre 1910 ein Foto des alten Rathauses schoss, welches das Gebäude als Fachwerkbau erkennen lässt. Hierzu legte der Pfarrer folgende Notiz an: „Das Rathaus wird gesamt hergestellt. Unter dem abgeschlagenen Verputz zeigt sich schönes, aber schlecht erhaltenes Holzfachwerk. Der obere Stock erhält deshalb Schindelung, 1910.“

Den bei der Renovierung abgeschlagenen Putz erhielt das Rathaus vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Zuge der Arbeiten im Jahre 1910 wurden im Erdgeschoß auch die Haupteingangstür und der separate Eingang zur „Betzekammer“, dem früheren Ortsgefängnis, zugemauert. Im Inneren gestaltete man das Treppenhaus um und brach eine neue Haupteingangstür gegen die Vorderstraße heraus. Der große Raum im Obergeschoss, gegen die Kirchstraße zu, der als Schulsaal diente, blieb erhalten.

Die von Pfarrer Wagner angesprochene Schindelung behielt das Rathaus, das sich an der Ecke der Vorderstraße zur Kirchstraße befand, bis zu seinem Abbruch 1959. Bürgermeister Wilhelm Laut legte aus diesem Anlass eine Notiz an, welche die Motive erkennen lässt, die zum Abriss des Gebäudes führten: „Wegen Baufälligkeit und als großes Verkehrshindernis hat die Gemeindevertretung beschlossen, das alte Rathaus abbrechen zu lassen. Der Metzger und Gastwirt Ludwig Roth, mit seinem Schwiegersohn Georg Mölbert, haben das alte Rathaus zum Abbruch übertragen bekommen. Der frei werdende Platz muß wegen der besseren Übersicht erhalten bleiben. Einige Quadratmeter Bodenfläche, die abgegeben werden können, erhalten die Nachbarn Roth/Mölbert und der Schmiedemeister Hans Mölbert in der Kirchstraße. Das alte Rathaus wurde 1537 erstellt und am 10. Juni 1959 abgebrochen.“

Im Depot des Museums der Gemeinde Stockstadt am Rhein, auf dem Hofgut Guntershausen, werden drei von Jörg Hartung gefertigte Modelle des historischen Rathauses aufbewahrt, die das Gebäude in seinen verschiedenen Bauphasen darstellen.

Das Modell des 1537 erbauten früheren Stockstädter Rathauses zeigt das verschindelte Gebäude, wie es zum Zeitpunkt seines Abbruchs im Jahre 1959 aussah. (Foto: Museum)

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Aus dem Stockstädter Museum – Das Nobel-WC des Freiherrn von Heyl zu Herrnsheim

Im Stockstädter Museum, dem ehemaligen Verwalterhaus des Hofgutes Guntershausen, befindet sich in der Dauerausstellung zur Geschichte des Hofgutes eine in blauer Farbe mit Fasanen, Blumenranken und Blattwerk prunkvoll bemalte und glasierte Toilette. Das Nobel-WC gehörte einst dem Freiherrn von Heyl zu Herrnsheim und befand sich in dessen Herrenhaus auf dem Kühkopf. Kurz vor dem Abbruch des „Herrschaftshauses“, wie die Stockstädter dieses Gebäude nannten, im Jahre 1978, wurde die Toilette vom Sohn des früheren Gutsverwalters vor der Verschrottung gerettet. Im Jahre 2013 übergab dieser das besondere Exponat schließlich an den Förderverein Hofgut Guntershausen.

Es handelt sich bei dieser edlen Keramik um eine Toilette der Marke „Cauldon“ mit dem Modellnamen „The Neptun“, die in den 1890er Jahren in England in der Grafschaft Staffordshire und aller Wahrscheinlichkeit nach dort von der Firma „Brown-Westhead, Moore & Co“ produziert wurde, wie Museumsleiter Jörg Hartung herausfinden konnte.

Da der Freiherr von Heyl zu Herrnsheim zahlreiche hochgestellte Jagdgäste wie Zar Nikolaus II von Russland, Prinz Heinrich von Preußen, Großherzog Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, sowie König Wilhelm II von Württemberg in seinem Herrenhaus empfing, ist davon auszugehen, dass diese Toilette dort gelegentlich auch von diesen Herrschaften aufgesucht wurde.

Der Überlieferung nach befanden sich ursprünglich sogar zwei dieser Toiletten im Herrenhaus, wovon eine allerdings zu Bruch ging. Solange es im Haus noch kein fließendes Wasser gab, musste zur Spülung der Toiletten ein eigens im Dachgeschoss angebrachter Wassertank von den Bediensteten des Freiherrn mit Eimern aufgefüllt werden, um den hohen Jagdästen eine Wasserspülung zu ermöglichen.

Das Nobel-WC aus dem Herrenhaus des Hofgutes Guntershausen
Foto: Robert Heiler

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